Gründung unseres Vereins
von unserem Mitglied Prof. Dr. Heinz Gläser anlässlich 70 Jahre Abteilung Schach (leicht gekürzte Fassung aus der Festzeitschrift von 2016)
Aus eigenem Erleben – ich bin Jahrgang 1935 und seit Juli 1947 Mitglied unseres Vorgängervereins Chemnitz-Ost – kann ich über die damalige Aufbruchszeit berichten. Menschen aller Altersgruppen und Bevölkerungsschichten suchten nach einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung. Der Vorgänger unseres Schachvereins wurde am 1.5.1946 von 14 Schachfreunden auf dem Sonnenberg gegründet. Die Gründerpalette reichte vom Dr.med. über Ingenieur, Angestellte und viele Arbeiter bis zum Rentner. Der Verein gehörte als Sparte Schach zur Sportgemeinschaft (SG) Chemnitz Ost. Spartenleiter wurde der überaus verdienstvolle Schachfreund Herbert Ketzscher. Von den Gründungsmitgliedern ist niemand mehr am Leben, auch der 1947 eingetretene spätere jahrzehntelange Spartenleiter Johannes Wieland ist leider 2005 bereits verstorben.
Chemnitzer Schach in den Anfangsjahren nach 1945 – Erste Wettkämpfe
Die Menschen – natürlich auch wir Kinder – wollten nach dem Krieg Sport treiben. Für die meisten Sportarten fehlten leider die notwendigen Ausrüstungen und Sportanlagen; es gab keine Fußbälle, geschweige denn Fußballschuhe, selbst gewöhnliche Schuhe waren ganz knapp und viel zu wertvoll, um beim „Bolzen“ verschlissen zu werden. Schneeschuhe waren oft als kriegsnotwendig eingezogen worden, Fahrradbereifung war Mangelware und so war es mit vielen Dingen, die wir uns gewünscht hätten. Aber ein Schachbrett und die zugehörigen Figuren waren in vielen Familien über den Krieg gerettet worden. Viel mehr brauchen die Schachspieler nicht, und so entwickelte sich das Chemnitzer Schachleben überraschend rasch wieder zu neuer Blüte. Trotzdem gab es natürlich eine Reihe von Schwierigkeiten, an die wir heute überhaupt nicht mehr denken: Zu unseren Spielabenden dienstags und freitags brachte zum Beispiel (fast) jeder ein Brikett und eine Kerze mit, denn in der Gaststätte, die wir glücklicherweise als Spiellokal gefunden hatten, wurde sonst nicht geheizt und Stromsperren waren an der Tagesordnung.
Schach gespielt wurde aber mit großer Begeisterung und es gab bereits in der schweren Zeit nach 1945 eine erstaunliche Anzahl von Veranstaltungen, an denen viele Schachfreunde beteiligt waren. Bereits im Dezember 1945, wenige Monate nach Kriegsende, wurde begonnen, regelmäßig die Chemnitzer Einzelmeisterschaft auszutragen. Schon im Sommer 1946 fand im Rahmen der Chemnitzer Sportwoche auf der damaligen „Südkampfbahn“ (später „Ernst-Thälmann-Stadion“, heute „Sportforum“) ein Schachwettkampf Gablenz/Ost – Nord/Schloß statt, der 10½ : 4½ endete. Man kann heute in Anbetracht der damaligen beinahe chaotischen Verkehrs- und Versorgungssituation nur staunen, wie rasant sich das Schachleben in den ersten Nachkriegsjahren in Chemnitz entwickelte. Deshalb sei an dieser Stelle etwas näher auf die Chemnitzer Mannschafts-meisterschaft 1946 eingegangen. Daran nahmen die bereits gegründeten Schachvereine Schloß, Nord, Gablenz, Ost, Harthau, Markersdorf, und Siegmar teil. Als zahlenmäßig stärkster Verein stellte Ost zwei Mannschaften. Die Mannschaftskämpfe fanden damals an 12 (!) Brettern statt. Die Schlussrunde wurde als gemeinsame Veranstaltung aller Mannschaften in einem großen Saal durchgeführt. Das Ergebnis war: 1. Schloß 46½, 2. Siegmar 45, 3. Nord 41½, 4. Gablenz 36, 5. Harthau 32, 6. Ost I 32, 7. Markersdorf 29, 8. Ost II 17½ Punkte. Auch eine Blitz-Mannschaftsmeisterschaft 1946/47 wurde bereits organisiert. Heute schwer vorstellbar, aber beim Blitz benötigte man noch viele Jahre eine Uhr mit Sekundenzeiger, damit ein Schachfreund, der spielfrei war, jeweils nach 5 Sekunden abwechselnd das Kommando „Weiß“ oder „Schwarz“ rufen konnte. 1947 wurde in der Meisterklasse und in weiteren zwei Klassen mit mehreren Gruppen gespielt. Außerdem gab es ein Turnier in der Jugendklasse. Spielort war u. a. der „Burgkeller“ in der Karl-Liebknecht-Straße und der Speisesaal der Schloßbrauerei. In der 1.Einzel-Stadtmeisterschaft 1947 errang unser Franz Findeisen den Stadtmeistertitel.
Das Interesse der Menschen, besonders der Jugendlichen und Kinder, am Schach war sehr groß. Ende 1947 war die Mitgliederzahl der Sparte Schach von Ost bereits auf 60 angewachsen, davon 14 Jugendliche und Kinder. Folgerichtig wurde deshalb dem Jugendschach besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Bereits im Juli 1947 fand der erste offizielle Jugendwettkampf an 12 Brettern in der Jahnbaude in Chemnitz statt: Chemnitz Ost – FDJ Olbernhau 6 : 6. In den Folgejahren fanden Jugend-Vergleichskämpfe der Stadt Chemnitz mit Olbernhau, Thalheim und Chemnitz-Land statt. Neben der 1. Klasse wurden in Chemnitz regelmäßig die Mannschaftskämpfe in der 2. Klasse und in der Jugendklasse durchgeführt. Über alle diese Schachwettkämpfe wurde in der Chemnitzer Zeitung „Volksstimme“ häufig berichtet.
Neben diesen turnusmäßigen Meisterschaften gab es oft schachliche Großereignisse, wie Simultanveranstaltungen mit der deutschen Weltklassespielerin und späteren internationalen Großmeisterin Edith Keller-Herrmann aus Dresden oder unseren Spitzenspielern, sowie Vergleichskämpfe auf überregionaler Ebene. Großen Anklang fanden die Wettkämpfe Chemnitz Stadt – Chemnitz Land, die 1948 und 1950 an 58 bzw. 78 Brettern (!) stattfanden und mit 29½ : 28½ bzw. 43½ : 34½ zugunsten der Stadtvertretung endeten. Im Mai 1948 fuhr eine Chemnitzer Jugendvertretung zu einem Wettkampf zur Olbernhauer Jugend. Dies kam damals einer Weltreise gleich, denn es musste in das streng kontrollierte Sperrgebiet der SAG Wismut eingereist werden.
Im Jahre 1949 wurde die Organisation der Sportbewegung auf Produktionsorientierung umgestellt und aus den privaten Sportvereinen wurden Betriebssportgemeinschaften (BSG). So entstand aus unserer SG Chemnitz Ost die BSG IFA (Barkaswerk), später Motor IFA.
Erste Erfolge der BSG Motor IFA
Nachdem die Mannschaften von Ost/IFA in den ersten Jahren in der Stadt Chemnitz nicht die erhofften Erfolge erreicht hatten, kämpfte unser Verein 1950 erstmals mit den besten Mannschaften des Bezirkes Chemnitz um den Aufstieg in die neu gebildete Bezirksklasse. Gespielt wurde in zwei Staffeln zu je 8 Mannschaften, von denen jeweils die vier besten im nächsten Jahr die Bezirksklasse bildeten. Nach dem Sieg unseres Vereins in der Staffel Süd wurde der Sieger der Staffel Nord, „Burgstädt“ nach einem 10½ : 9½-Sieg gegen uns Bezirksmeister. Diese Mannschaft stieg in die Landesliga Sachsen auf.
Die Ära von Johannes Wieland
Nach dem Ausscheiden unseres Spartenleiters Herbert Ketzscher im Jahre 1950 sollte der neue Vorsitzende unseres Vereins aus dem Trägerbetrieb, dem VEB Barkas-Werke, kommen. Zu dieser Zeit arbeitete nur unser unvergessener Schachfreund Johannes Wieland bei Barkas. Seit 1947 habe ich gemeinsam mit Johannes Wieland das Geschehen in unserem Verein erlebt, und ich kann auch heute nur bewundern, welche Leistung der damals 19jährige Johannes Wieland vollbracht hat, indem es ihm gelungen ist, den Verein zu leiten und zu entwickeln. Er hat für die Schachfreunde – alles gestandene Männer mit großer Lebenserfahrung und häufig in wichtigen Positionen tätig – den Verein zu einem Treffpunkt gemacht, an dem sich alle wohl gefühlt haben. Dabei wissen wir Schachspieler, dass wir oft Individualisten und in gewisser Weise beinahe Sonderlinge und nicht ganz pflegeleicht sind. Johannes Wieland war 43 Jahre lang der Leiter unseres Vereins und er hat ganz entscheidend die Entwicklung unseres Vereins bestimmt und sein Bestehen gesichert. Es war auch frappierend, wie er sich in den Phasen, als er wegen seines Studiums oder dann auch wegen des Alters den Vorsitz an andere Schachfreunde abgab, das Heft des Handelns doch nicht aus der Hand nehmen ließ. Etwa 10 Jahre wurde er erfolgreich von Achim Lehnert vertreten. In die Amtszeit von J. Wieland fiel die erfolgreichste Zeit unseres Vereins. Wir wurden je fünfmal Bezirksmeister und Vizebezirksmeister und spielten mit gleichzeitig mit 1. und 2. Mannschaft in der Oberliga bzw. DDR-Liga.
1951 wurde Motor IFA nach Stichkampfsieg gegen Burgstädt Bezirksmeister und stieg in die Landesklasse auf, aber im Spieljahr 1952/53 wieder ab in die Bezirksliga. In den folgenden Jahren hatten es die Chemnitzer Vereine schwer, sich im Bezirksmaßstab zu behaupten. Grund war die Zersplitterung der Kräfte auf relativ viele Vereine. Bis 1958 spielte nur Motor IFA in der Bezirksliga, konnte aber in einigen Jahren den Klassenerhalt nicht sichern, und wir pendelten zwischen Bezirksklasse und Bezirksliga. Unvergessene Namen von Spielern aus dieser Zeit sind neben Franz Findeisen, der 1947 und 1951 Stadtmeister sowie 1951 Dritter der Sachsenmeisterschaft wurde, Arthur Meyer, Walter Stuckenbrock, Walter und Erich Sommer, Theodor van der Smissen und andere. Sie alle wurden – viele mehrfach – Vereinsmeister und waren viele Jahre zuverlässige Stützen unserer 1.Mannschaft. Seit den 60er Jahren spielten sich viele neu zum Verein gekommene jüngere Schachfreunde in den Vordergrund. So errang Lothar Kalski bis heute elfmal den Vereinsmeistertitel, Franz Findeisen siebenmal und Prof. Christian Posthoff sechsmal. Der Vereinsmeister wurde in jedem Jahr des Bestehens unseres Vereins ermittelt, in den meisten Jahren auch ein Pokalsieger und ein Blitzmeister. Die meisten Pokalsiege holten Gottfried Wolf mit sechs sowie Franz Findeisen und Martin Kapp mit je fünf Siegen. Günter König kam auf vier Siege. Blitzmeister wurden Heinz Gläser zehnmal, Volker Knepel siebenmal sowie Alfred Holzerland, Günter König und Martin Kapp je viermal. Seit 2006 wird auch ein Schnellschachmeister ermittelt.
DDR-Liga und Oberliga
Nachdem wir in den Jahren von 1960 bis 1965 fünfmal Staffelsieger der Bezirksliga, wurden, aber stets im Stichkampf mit dem Sieger der anderen Staffel. unterlagen, gelang es uns im Jahre 1965 Bezirksmeister zu werden, die Aufstiegsspiele zur DDR-Liga zu gewinnen und als erste Chemnitzer Mannschaft in die DDR-Liga aufzusteigen. Da wir möglichst gut abschneiden wollten, führten wir im August 1965 als Vorbereitung ein zweitägiges „Trainingslager“ im Tennisheim der BSG Motor IFA im „Ernst-Thälmann-Stadion“ durch. 1967 wurden wir Dritter der DDR-Liga und stiegen sogar in die Oberliga auf. Diese war nach der sogenannten Sonderliga, die aber nur den vier existierenden Schach-Sportklubs Leipzig, Dresden, Halle und Berlin vorbehalten war, die höchste Spielklasse der DDR.
Wir hatten damals eine Mannschaft, die sich aus ehrgeizigen, einsatzbereiten und leistungsstarken Spielern im (für die damalige Zeit!) besten Schachalter zusammensetzte. In unserer Oberligamannschaft spielten die Schachfreunde Volker Knepel, Dr. Bernd Schwartz, Hans Richter, Gerolf Unger, Dr. Heinz Gläser, Dr. Christian Posthoff, Jürgen Flämig und Heinz Schwind bzw. Steffen Wieland, als Jugendspieler. Jede Mannschaft musste am 8. Brett einen Jugendspieler einsetzen. Häufig kamen auch Dr. Rudolf Pakulla, Alfred Holzerland, Gottfried Wolf, Wolfgang Müller, Jürgen Jacobs, Karl-Heinz Grund, Manfred Zucker, Lothar Kalski, Achim Lehnert, Roland Ketzscher sowie die Gastspieler Hans Kielstein, Reiner Hillebrand und als Jugendspieler Lutz Diebl, Ullrich Kötzsch, Andreas Steinmetz, Steffen Lück, Kathrin Pohl u.a. zum Einsatz.
Wir spielten in den Jahren 1968, 1970, 1971 und 1976 in der DDR-Oberliga. 1970 konnten wir den 7.Platz belegen, ansonsten waren wir eine sogenannte „Fahrstuhlmannschaft“ zwischen DDR-Liga und Oberliga. Bis 1985, also insgesamt 20 Jahre spielte die Sektion Schach der BSG Motor IFA in der DDR-Liga und Oberliga, bis dann die in der Nachwuchsarbeit wesentlich erfolgreicheren Schachsparten von Lok Chemnitz (jetzt Universitätssportgemeinschaft USG) und Aufbau Chemnitz (jetzt CSC Aufbau `95) die Führungsposition im Chemnitzer Schach übernahmen. Das Spielen in der DDR-Oberliga und DDR-Liga war recht anstrengend, denn damals spielte man noch sonnabends und sonntags je eine Runde, bei einer Bedenkzeit von 2 mal 2,5 Stunden für 45 Züge plus 2 mal eine weitere Stunde, d. h. insgesamt bis 7 Stunden Spielzeit, dann wurden die unbeendeten Partien zentral abgeschätzt. Wenn wir per Reichsbahn nach Greifswald oder Rostock zu fahren hatten, war die halbe Woche verloren. Aber glücklicherweise hatten wir damals einen amateursportfreundlichen Staat, der uns per Sportverordnung von der Arbeit oder Schule freistellte. Leider blieben von dem damaligen „Stamm-Achter“ von 1968 nur Posthoff und Gläser übrig.
Einer unserer begabtesten Schachspieler war Volker Knepel, Sohn unseres verdienten und erfolgreichen Mitglieds Heinz Knepel. Volker wurde 1961 Jugendmeister der DDR. Dieser Erfolg ist noch höher einzuschätzen als der DDR-Schülermeister-Titel von Heinz Gläser aus dem Jahre 1950. Die Stärke dieser beiden Spieler lag in ihrer Jugend besonders im Blitzschach, wo unser Verein mehrfach Bezirksmeister werden konnte. In den Jahren 1961 bis 1980 qualifizierten wir uns neunmal für Teilnahme an der DDR-Mannschaftsmeisterschaft im Blitzschach. Sie wurde meist in einem zweitägigen Turnier mit 32 Mannschaften nach dem Modus „Jeder gegen jeden“ durchgeführt. Dort trafen wir mit der fast vollständigen DDR-Spitze zusammen und erreichten beachtliche Ergebnisse, als Bestes 1968 in Magdeburg den 9./10.Platz, 1966 in Halle den 10.Platz und 1975 in Cottbus den 10./11.Platz. Volker Knepel erreichte am 1.Brett gegen die DDR-Spitze oft über 70%.
Spiellokale
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind für einen Schachverein auch seine Spiellokale. Mit diesen verbinden sich für uns unvergessliche Erinnerungen: Wir haben uns immer bemüht, auf dem Sonnenberg oder zumindest in Gablenz zu bleiben; auch der problematische Spieltag Freitag – früher der allgemeine „Badetag“ – wurde stets beibehalten. Beginnend mit unserem Spiellokal auf der Zietenstraße, in das jeder Schachfreund im Winter zum Spielabend einen Brikett mitzubringen hatte, damit wir nicht erfroren, über den „Erzgebirgischen Hof“ auf der Fürstenstraße, wo wir sonntags unsere Wettkämpfe in einem Riesenballsaal austragen konnten, gelangten wir in das „Uhlandeck“. Dank der Unterstützung von Albert Haller am lautstarken Klavier oder später der Familie Korölus mit Kellnerin Hertha und ihren legendären „Fischelbrötchen“ waren wir für unsere Gegner eine sehr gefürchtete Heimmannschaft. Wie sich einige noch gut erinnern werden, wurden die Fischbrötchen besonders dann ausgiebig und lautstark bestellt, wenn Herta bereits mehrmals verkündet hatte, dass keine mehr da sind. Unserem Johannes Wieland gelang es dann, das Niveau unserer Spielstätte entscheidend zu heben, indem wir in die Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt, zuerst in die Zieschestraße und dann in die Rembrandtstraße, umziehen konnten. Unser erneuter Umzug in das Sportheim des TSV IFA auf der Eubaer Straße brachte uns zwar erstmals eigene und schöne Spielräume, wirkte sich aber auf Grund der etwas abseitigen Lage und der ungünstigen Anbindung an den Nahverkehr sehr negativ auf unser Vereinsleben aus.
Vereinsleben
Das Vereinsleben von heute ist mit dem in den 50er bis 80er Jahren nicht zu vergleichen. Die Schachabende waren stets rege besucht, auch wenn keine Pflichtpartien anstanden. Unsere seit 1951 regelmäßig durchgeführten „Schachvergnügen“ waren gesellschaftliche Ereignisse mit vielen unvergesslichen Einlagen. Häufig führten wir mit unseren Familien Ausfahrten in die Umgebung oder mehrtägige Ausflüge durch, u.a. nach Rochsburg, Mylau, in die Sächsische Schweiz, nach Meißen, Schwerin, Halle und Leipzig, Magdeburg, Dresden, Görlitz, Berlin, die alle großen Anklang fanden. Ein Ausflug nach Wechselburg, Rochlitzer Berg und Rochlitz hatte 1955 z.B. 50 Teilnehmer. In dieser Zeit kapselten sich die Familien nicht in den eigenen PKWs ab. Uns stand in solchen Fällen ein Bus (ROBUR) der Barkas-Werke mit Fahrer zur Verfügung. Oft wurden die Ausflüge mit Wettkämpfen gegen unsere Gastgeber verbunden. Auch im Wanderheim unserer BSG, dem „Almhof“ bei Raschau, erlebten wir viele feuchtfröhliche Stunden.
Von 1956 bis 1964 hatten wir 18 fast ausschließlich erfolgreiche Vergleichskämpfe mit Mannschaften anderer DDR-Bezirke an 10 bis 21 Brettern. Da wir einen sehr ausgeglichenen Spielerstamm hatten (und auch jetzt haben), schnitten wir in diesen Vergleichskämpfen stets umso besser ab, an je mehr Brettern wir antreten konnten. Solche Kämpfe waren deshalb auch ein schöner Anreiz für Spieler. die sonst nicht in die 1.Mannschaft kamen. Wir führten mit vier polnischen Schachmannschaften Vergleichskämpfe jeweils mit Hin- und Rückspiel durch, 1967 in Bydgoszcz, 1970 in Gorzów, 1977 und 1978 in Torun. Das waren für uns unvergessliche Erlebnisse.
Unsere schöne Sitte, im „Rembrandteck“ runde Geburtstage gemeinsam zu feiern, hat leider den Wechsel unseres Spiellokals auch nicht überstanden. Auch Besuche bei den Jubilaren waren (und sind) üblich.
Nach der Wende
Mit dem Wegfall der Betriebsbindung des Sports und des Trägerbetriebs trat eine Neuorganisation des Sports ein. Aus der Sparte Schach der BSG Motor IFA wurde die Abteilung Schach der TSV IFA Chemnitz e.V. Im Jahr 1992 löste sich die Schachabteilung des TUS Ascota auf und eine Reihe von Schachfreunden kam zu uns, so dass unsere Mitgliederzahl auf über 50 stieg. 1999 nahmen wir acht aus der ehemaligen Sowjetunion übergesiedelte Schachfreunde in unseren Schachverein auf. Sie waren eine wertvolle Bereicherung für unsere Mannschaften. Die Schachfreunde Boris Goldovskyy (leider 2013 verstorben) und Liubov Orlova schlugen in der 1.Mannschaft ausgezeichnet ein. Darüber hinaus erreichte die Schachfreundin Orlova hervorragende Leistungen in sächsischen und nationalen Einzelturnieren. Die größten Erfolge für sie und für unseren Klub waren 2013 und 2014 die Titel des Deutschen Meisters der Seniorinnen. Auch 2015 und 2016 errang sie jeweils den zweiten Platz. Einige unserer Spieler konnten in zentralen Seniorenmeisterschaften hervorragende Plätze belegen. Meister wurden Joachim Schieck, Alfred Holzerland, Gottfried Wolf und Dietmar Kutzschbach.
Unsere 1.Mannschaft wurde 1992 in die 1.Landesklasse eingeordnet und hielt diese Klasse bis 2000. Nach dem Abstieg im Jahr 2001 waren wir Favorit in der 2.Landesklasse. Außerdem hatten wir mit Martin Kapp ein Spitzenbrett hinzubekommen, das eigentlich eine Klasse besser spielte als wir anderen Spieler. Dazu erhielt die 1.Mannschaft mit Stefan Kapp und Peter Höhne weitere ehrgeizige und starke Spieler. Wir waren in der 2. Landesklasse stets mit vorn und standen mehrfach in den Schlussrunden scheinbar sicher vor dem Aufstieg. Obwohl uns auch oft die gegnerischen Ergebnisse noch unterstützten, patzten wir mehrere Jahre in den Schlussrunden. Unsere 1.Mannschaft galt schon als „unaufsteigbar“. In der Saison 2006/07 war es aber dann doch so weit, wir stiegen wieder in die 1.Landesklasse auf. Unsere Leistungen wurden aber dann immer schwächer und wir konnten uns nur glücklich bis zur Saison 2013/14 halten und stiegen dann 2014/15 trotz größter Bemühungen unseres verdienstvollen Mannschaftsleiters Peter Höhne in die 2.Landesklasse ab. Ihm wie allen Mannschaftsleitern hat unser Klub viel zu verdanken. Zu unserem Abstieg trug auch der Abgang von Martin Kapp bei, der sich aber im nächsten Jahr auf Grund seiner Spielstärke – er wurde 2016 FIDE-Meister - völlig verständlich einer höherklassigen Mannschaft an seinem Studienort angeschlossen hat und jetzt dort beste Ergebnisse erreicht. Die spielerischen Potenzen unserer 1.Mannschaft müssten aber trotz der Überalterung ausreichen, die 1. Landesklasse wieder zu erreichen und zu halten, wenn wir unsere Möglichkeiten vollständig ausschöpfen könnten. Die 2.Mannschaft hat seit Vereinsgründung einsatzstark gekämpft. So wurde ab 1958 in der Bezirksklasse und ab 1963 in der Bezirksliga gespielt. 1969 wurde der Bezirksmeister-titel errungen und der Aufstieg in die DDR-Liga geschafft. Die Klasse wurde ein Jahr gehalten, doch 1971 erfolgte der Abstieg. Bis 1991 wurde mit der Ausnahme von 1985 stets Bezirks- bzw. Leistungsliga gespielt und 1992 sowie von 1996 bis 2006 sogar die 2.Landesklasse erreicht. Bis 2014 spielte die 2.Mannschaft in der Bezirksliga weiterhin eine gute Rolle, stieg aber 2015 in die 1.Bezirksklasse ab. Die 3.Mannschaft begann 1949 in der 2.Klasse von Chemnitz und spielt dann 1961 sowie 1965 bis 1985 Bezirksklasse und für eine 3.Mannschaft besonders anerkennenswert sogar 12 Jahre in der Bezirksliga; Seit 2007 spielte die 3.Mannschaft konstant in der 1.Bezirksklasse – eine sehr gute Leistung!
Mit Ausnahme von 6 Jahren spielte von 1960 bis 2015 eine 4.Mannschaft. Sie schaffte sogar 1996 bis 1999 und 2004 die Teilnahme an der 1.Bezirksklasse (!). Mit der Besetzung der 4.Mannschaft gibt es leider auf Grund der abnehmenden Mitgliederzahl große Probleme, sodass derzeit auch ein Start mit 4 Spielern in der Verbandsliga nicht mehr möglich ist. In den Jahren 1999 bis 2008 spielte sogar eine 5.Mannschaft unseres Vereins in der Kreisunion Mittleres Erzgebirge bzw. der 2.Bezirksklasse und 2011 in der Verbandsliga (4 Bretter).
Abteilungsleitung
Nachdem er viele Jahre Mannschaftsleiter war, führt Günter König seit 2005 erfolgreich unsere Abteilung Schach. Er hat es mit großem Einsatz verstanden, unseren Klub am Leben zu erhalten und einen geregelten Wettkampfbetrieb abzusichern. Darüber hinaus hat er sich im Rahmen der Stadt mit der Organisation vieler bedeutender Schachveranstaltungen bleibende Verdienste erworben. Bei der Leitung der Abteilung wurde er ausgezeichnet unterstützt von dem langjährigen Schatzmeister und Mannschaftsleiter Jürgen Jacobs und dem Technischen Leiter Andreas Schulze, der die verschiedenen Turniere sachkundig und einsatzfreudig organisiert.
Ausblick
Wir sind mit unserem Verein alt geworden, und ich glaube, die meisten von uns brauchen den Verein jetzt im höheren Alter noch viel mehr als früher. Deshalb sollten wir wieder mehr zu einem geselligen Vereinsleben finden, in dem nicht nur die Ergebnisse in den Pflichtpartien von Interesse sind. Wir können froh und stolz sein, dass wir heute das 70jährige Jubiläum unseres Schachvereins feiern können. Jeder Verein lebt durch seine Mitglieder. Jedes unserer treuen Mitglieder, auch und oft besonders die hier nicht besonders genannten, wir alle, haben dazu beigetragen, dieses schöne Jubiläum zu erreichen. Dafür danken wir im Namen der Leitung der Abteilung Schach allen unseren Mitgliedern, wir danken aber auch unserer Vereinsleitung für ihre ständige Unterstützung, sowie dem Sächsischen und dem Chemnitzer Schachverband. Es heißt Eulen nach Athen tragen, wenn wir feststellen: wir – und eigentlich der gesamte Schachsport – brauchen Nachwuchs. Es gibt vielversprechende Ansätze, hoffen wir, dass es unserem Verein in Zukunft gelingt, sich wirkungsvoll zu verjüngen.